18Andreas Kopp war zu Gast auf dem Belleviller Kunstfestival „Art on the Square“
Von Wolfgang Stüken (Text und Fotos)
Patty Gregory, die mit großem Enthusiasmus arbeitende Chefin von „Art on the Square“, und ihr Organisationsteam konnten am Ende höchst zufrieden sein. 80.000 Besucher, so viele wie noch nie, strömten an den drei Ausstellungstagen zum fünften Kunstfestival in die Ortsmitte der Paderborner Partnerstadt Belleville im US-Bundesstaat Illinois. 106 Künstler und Kunsthandwerker aus 26 US-Staaten und vier ausländischen Nationen präsentierten rund um den zentral gelegenen Brunnen im Schnittpunkt vom East und West Main Street und North und South Illinois Street und auf den ebenfalls für den Verkehr gesperrten ersten Blocks dieser vier Straßen ihre Arbeiten, jeder Künstler unter dem Dach eines weißen Pavillonzeltes. Der Eintritt war frei, die Kauflust mancher Besucher groß.
Die zum Belleviller Stadthaus führende South Illinois Street war als „International Artists‘Walk“ ausgeschildert, und an einem der weißen Zelte dort flatterte Schwarz-Rot-Gold. Dies war für die drei Festivaltage die Adresse des freischaffenden Künstlers Andreas Kopp aus Altenbeken. Nach Petra Hartmann, die 2004 mit ihren aus Abfallmaterial gestalteten Bildkästen über den großen Teich flog, war Kopp der zweite Künstler, dem Bellevilles Partnerstadt Paderborn die Teilnahme an diesem Kunstfestival ermöglichte. Für die internationale Note sorgten neben Andreas Kopp Künstler aus Israel, Ghana, England und Litauen, die zum Teil allerdings heute in den Vereinigten Staaten leben
Kopp, der an der Düsseldorfer Kunstakademie studierte, hat bereits in vielen Ländern ausgestellt. „Art on the Square“ bot ihm erstmalig die Gelegenheit, seine Arbeit amerikanischem Publikum vorzustellen. Seine Spezialität sind Gemälde auf dünnem Eisenblech. „Short Stories“ lautete der Titel seiner Auswahl von zehn seiner neuesten Werke für Belleville. Norma Bergkoetter, Präsidentin von Belleville Sister Cities, der Partnerorganisation des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises Paderborn-Belleville, sowie die Paderborn-Freunde Nancy Macklin, Rose Ann Renneker sowie Bob und Ruth Fritz betreuten den Gast aus Deutschland. Andreas Kopp: „Der gesamte logistische Aufbau wurde mir wortwörtlich aus den Händen genommen.“ Ron Fritz, der künftige Präsident von Belleville Sister-Cities, brachte ein Blumengebinde in den Paderborner Stadtfarben zum Zelt. An den beiden Tagen vor der Ausstellung ermöglichten die Gastgeber Andreas Kopp, Belleville und das (kulturelle) Umfeld der Partnerstadt zu erkunden. Dazu zählte auch ein Besuch im renommierten St. Louis Art Museum auf der anderen Seite des Mississippi, das nach Einschätzung Kopps einen, ,Brückenkopf“ zur Präsentation von jüngerer und jüngster deutscher Kunst in Amerika darstellt.
Groß der Andrang zur Eröffnungsparty am Abend des ersten Ausstellungstages von „Art on the Square“ auf dem Vorplatz des unmittelbar benachbarten Verwaltungsgebäudes des Kreises St. Clair. An der Spitze der Kreisverwaltung steht der frühere Belleviller Bürgermeister Mark Kern. „An Affair on the Square“ hatte Patty Gregory als Motto der Party ausgegeben, die vor allem als Dankeschön für die zahlreichen Sponsoren des Festivals gedacht war. Sowohl Bürgermeister Mark Eckert als auch sein Vorgänger Mark Kern stellten die Bedeutung von „Art on the Square“ als mittlerweile wichtigstes Kulturereignis im Jahreskalender der 43.000 Einwohner zählenden Kreisstadt im Mittleren Westen der USA heraus. „Art on the Square“ stärke sowohl das Image der Stadt in der Region als auch den Gemeinschaftssinn der Belleviller Bürger, betonte Eckert. Durch eine ständige Galerie im Stadtzentrum ist „Art on the Square“ mittlerweile das ganze Jahr über in der Stadt präsent. In dieser Galerie können sich in wechselnden Ausstellungen Belleviller Künstler vorstellen.
„Art on the Square“ bezieht auch Belleviller Schulen ein. Für einen Kunstwettbewerb Belleviller Highschools, dessen Ergebnisse parallel zur großen Schau in einem Bankgebäude am Public Square gezeigt wurden, waren die Künstler des Festivals als Juroren verpflichtet worden. Eine Aufgabe, der sich auch Andreas Kopp gerne stellte. Beeindruckt zeigte sich der in Amsterdam geborene Künstler, wie das von Freiwilligen getragene Festival „äußerst detailversessen und mit einer in Deutschland ungekannten Hingabe bis zur letzten Minute ausgesprochen gut und effektiv organisiert“ wurde.
„Art on the Square“, das sich seit dem Start im Jahre 2002 im Ranking eines amerikanischen Fachmagazins (Sunshine Artists) bereits unter die Top Ten solcher Kunstshows in den gesamten USA vorgearbeitet hat, ist aus Sicht von Andreas Kopp ,,ziemlich strikt“ auf Dekoratives und Kunsthandwerk ausgerichtet. So seien seine auf Metall lackierten Bilder „ein Sonderfall im recht bunten, aber künstlerisch nicht unbedingt vielfältigen Angebot“ geblieben, lautete sein Resümee nach den drei Ausstellungstagen. Daher habe er es vorgezogen, sich auf die Rolle „von einer Art Kulturbotschafter im Austausch von Westfalen und dem Midwest“ zu beschränken. Seine auch für deutsche Verhältnisse nicht unbedingt immer leicht zugänglichen Bilder hätten beim Publikum in Belleville zwar ein ausgeprägtes (technisches) Interesse gefunden, seien aber meist Aufhänger für ausgedehnte Schilderungen von deutschen Wurzeln im Allgemeinen, ostwestfälischen Freunden und Familien im Besonderen und Anekdoten aus Reiseerlebnissen oder der Zeit der Stationierung als US-Soldaten in Deutschland gewesen, bilanzierte Kopp.
Er wollte in Belleville zeitgenössische Kunst aus Deutschland zeigen, nicht verkaufen. Das hatte Kopp schon im Vorfeld betont. So war er nicht enttäuscht, dass sich unter den zahlreichen Besuchern seines Zelt-Standes keine Kopp-Kunst-Käufer befanden. Auch bei der Verleihung von Preisen in einer Vielzahl von Kategorien durch eine Festival-Jury an teilnehmende Künstler – für Kopp ,,eine besondere Form der amerikanischen Kulturrezeption“ – ging der Gast aus Ostwestfalen leer aus. Für einen solchen Preis in Betracht gezogen zu werden, hätte ihm auf Grund der am Ende von der Jury getroffenen Auswahl ,,eher zu denken gegeben“, grenzte sich der deutsche Maler vom künstlerischen Niveau des auf dem Festival Gebotenen ab. Allerdings: Die „Art on the Square“-Verantwortlichen hatten die amerikanischen Teilnehmer aus mehr als 900 Bewerbern ausgewählt, um sich ihrerseits von Allerwelts-Kunstgewerbe abzugrenzen und mit einer Schau aufwarten zu können, der sie nach ihrem Kunstverständnis getrost das Prädikat „First Class“ geben konnten. Zwei amerikanische Künstler hatten offenbar eine besondere Nase für den Geschmack des Publikums im Mittleren Westen: Sie meldeten Verkäufe in einem Volumen von mehr als 100.000 Dollar. Aufgrund der lokalen Verkaufssteuer, die in die Belleviller Stadtkasse fließt, errechnete die Stadtverwaltung wenige Tage später, dass dieses fünfte Festival erstmals die Umsatzmarke von einer Million Dollar übersprungen hat.
Kopps Hoffnungen, über das Festival Kontakt zu wichtigen Galerien oder Institutionen zeitgenössischer Kunst der Region zu bekommen, gingen zunächst nur ansatzweise ein Erfüllung: Ein Gespräch mit Libby Reuter vom Schmitt Art Center und mehrere private Vermittlungsangebote blieben erste Anknüpfungspunkte. Kopp: „Es sei aber trotzdem konstatiert, dass dieser Besuch ein rundum erfolgreicher und zudem ungemein unterhaltsamer und lehrreicher war, denn er komplettierte mein Amerikabild um die Facetten eines gediegenen, unaufgeregten und vertrauensvollen Stücks Amerika. Dafür möchte ich mich bei allen bedanken, die am Zustandekommen meiner Entsendung beteiligt waren. Bei Dr. Otmar Allendorf, dem Geschäftsführer des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises Paderborn, bei Norma Bergkoetter, die mir als agile Präsidentin von Belleville Sister Cities schnell ans Herz gewachsen ist, meinen offenen und fröhlichen Sponsoren vor Ort, Bob und Ruth Fritz, und vielen anderen ‚Volunteers‘, die mir meinen Aufenthalt so unendlich einfach machten.“ In seinen Dank bezog Kopp auch das für die Paderborner Städtepartnerschaften zuständige Referat des Bürgermeisters ein, das einen erheblichen Teil seiner Reisekosten übernahm.
Den Rückflug nach Deutschland trat Andreas Kopp nicht nur mit seinen zehn gemalten „Short Stories“ im Gepäck an. Manche der während der Ausstellung selbst erlebten Belleville-Stories wird als Anekdote in seinem Gedächtnis bleiben. Etwa die jenes Besuchers in seinem „Art on the Square“-Zelt, in dessen Vorstellung Good Old Germany offenbar kaum über die Größe eines mittleren Dorfes hinaus reicht. „Kennen Sie in Germany den George?“, wurde Andreas Kopp gefragt. Natürlich kennt der Künstler daheim einen Herrn namens Georg. Nicht nur einen. Ein wenig schmunzelnd bejahte er die Frage.