Sein großer Einsatz galt auch
den Städtepartnerschaften
Trauer um einen großen Förderer der Paderborner Städtepartnerschaft mit der US-amerikanischen Kreisstadt Belleville: Wilhelm Lüke, 86-jähriger Altbürgermeister und Ehrenbürger Paderborns ist in der Nacht zum 21. Januar 2021 im Kreise seiner Familie verstorben. „Willi Lüke hat tiefe Spuren in seinem Paderborn hinterlassen“, würdigte Bürgermeister Michael Dreier seinen Vorvorgänger. „Mit seinem Tod verliert die Stadt eine ihrer bedeutendsten Persönlichkeiten.“ Als Zeichen der Anteilnahme ließ Bürgermeister Dreier am 22. Januar die Fahnen am Rathaus und vor den städtischen Verwaltungsgebäuden auf Halbmast flaggen. Lüke war bereits seit 1989 Ehrenmitglied des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises Paderborn-Belleville (DAFK).
Als letzter ehrenamtlicher Ratsvorsitzender vor der Einführung des hauptamtlichen Bürgermeisters lenkte Lüke von 1988 bis 1999 die Geschicke der Stadt. Zuvor hatte der 1934 in Paderborn geborene CDU-Politiker von 1975 bis 1988 das Amt des stellvertretenden Bürgermeisters bekleidet. 15 Jahre war der langjährige Rektor der Pauline-von-Mallinckrodt-Förderschule Mitglied des nordrhein-westfälischen Landtages. 24 Jahre gehörte er dem Rat der Stadt an. Wegen seiner Verdienste um Paderborn wurde Lüke nach Ende seiner Amtszeit als Bürgermeister zum Paderborner Ehrenbürger ernannt und erhielt die Ehrenbezeichnung Altbürgermeister. Schon 1988 war er mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet worden. 1999 folgte die Ehrenbürgerwürde der Universität, 2007 der päpstliche Silvesterorden.
Gegen Ende der 1980er Jahre wurden in Paderborn verstärkt Überlegungen angestellt, die mit dem französischen Le Mans (seit 1967) und dem britischen Bolton (seit 1985) verbundene Stadt für weitere internationale Freundschaften zu öffnen. Das Bemühen der FDP-Ratsherrin Ellen Rost, die 1988 den Deutsch-Amerikanischen Freundeskreis aus der Taufe hob, um eine Partnerschaft mit einem Ort im Mittleren Westen der USA anzustreben, stieß bei Lüke auf offene Ohren. Hatte doch inzwischen auch der Bürgermeister von Belleville (Illinois), Richard Brauer, seine Fühler in Richtung der Heimat zahlreicher deutscher Amerikaauswanderer ausgetreckt. Nicht wenige westfälische Auswanderer waren im 19. Jahrhundert in der sogenannten „plattdeutschen Prärie“ in der Nähe Bellevilles ansässig geworden. Auch unter ihren Nachfahren bestand zunehmendes Interesse, nach den deutschen Wurzeln ihrer Familien Ausschau zu halten.
Mit der 1990 in Paderborn und 1991 in Belleville besiegelten Städtepartnerschaft schaute Lüke weit über das Dreierbündnis Le Mans-Bolton-Bolton hinaus und erweiterte den Paderborner Freundschaftsradius bis nach Übersee. Weitere neue Partnerschaften folgten Schlag auf Schlag: Mit dem spanischen Pamplona 1992, dem polnischen Przemysl 1993 und dem ungarischen Debrecen 1994.
Bei all diesen neuen Verbindungen legte die Stadt Paderborn großen Wert darauf, dass nicht Offizielle aus Rathaus und Stadtverwaltung, sondern jeweils Vereinigungen von Bürgern die Pflege und Ausgestaltung der Partnerschaften übernahmen. Wilhelm Lüke war dabei eine treibende Kraft. „Betrachtet man die bisherige Entwicklung der Beziehungen zwischen unseren beiden Städten, so glaube ich, kann man schon von einer idealen Freundschaft und Partnerschaft sprechen“, sagte Lüke am 20. Oktober 1991 bei der Unterzeichnung der Freundschaftsurkunden in der Belleviller City Hall. Die Partnerschaft mit Belleville ist auf amerikanischer Seite eingebettet in die 1956 vom US-Präsidenten Dwight D. Eisenhower (amtierte von 1953 bis 1961) ins Leben gerufene Sister-City-Bewegung. Eisenhowers Familie stammte aus dem Rheinland. „In der Zeit des tiefgreifenden politischen Wandels in der Welt sind gerade derartige Städtefreundschaften und -partnerschaften eine wichtige Ergänzung der Außenpolitik unserer beiden Staaten“, betonte Lüke in seiner Festansprache.
Lüke blieb der Städtepartnerschaft mit Belleville zeitlebens verbunden. Mehrfach stattete er der Partnerstadt Besuche ab (auch zur Trauerfeier für seinen verstorbenen Amtskollegen und Freund Richard Brauer 2004), empfing Besuchergruppen aus dem Mittleren Westen oder verabschiedete Paderborner Schüler- und Jugendgruppen zu Austauschprogrammen in die amerikanische Partnerstadt.
„Willi Lüke hat sich große Verdienste um die Stadt Paderborn und um ihre Entwicklung zu einem erfolgreichen Oberzentrum erworben“, sagte Bürgermeister Michael Dreier. „Ihm war es immer wichtig, ganz nah an den Menschen und ein Bürgermeister für alle Paderbornerinnen und Paderborner zu sein. Das ist ihm in besonderer Weise gelungen.“
Höhepunkte während seiner Amtszeit waren unter anderem der Besuch der ehemaligen Paderborner Juden aus der ganzen Welt 1989, die Eröffnung und Durchführung der Landesgartenschau 1994 (auch mit Besuchern aus Belleville), die Begegnung mit Papst Johannes Paul II. 1996 in Paderborn sowie die Karolinger-Ausstellung 1999. Willi Lüke traf Queen Elisabeth II., Prinz Charles, Lady Diana und Prinz Phillip. Auch die Begegnungen mit Michail Gorbatschow, Roman Herzog und Helmut Schmidt dürften ihm lange in Erinnerung geblieben sein.
Auch Paderborns Städtepartnerschaften, so Dreier, habe der Verstorbene durch seinen großen Einsatz maßgeblich mitgeprägt. Dreier: „Es war immer wieder zu spüren, welchen Respekt sich Willi Lüke durch seine langjährige erfolgreiche Arbeit für die Stadt und durch seine gelebte Bürgernähe erarbeitet hat.“
Auch in den vergangenen Jahren nahm Willi Lüke – oft in Begleitung seiner Frau Ursula – noch gern an Veranstaltungen teil, wann immer ihm dies möglich war. Anlässlich seines 85. Geburtstages richtete die Stadt Paderborn im Dezember 2019 einen Empfang im Rathaussaal aus. In dessen Rahmen bedankte sich Dreier bei Lüke dafür, „dass ich Bürgermeister einer Stadt sein darf, die ohne dein Wirken nicht die wäre, die sie heute ist“.
Stadt Paderborn/Wolfgang Stüken