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Mark Eckert muss den Hut nehmen

Belleville bekommt die erste
Frau im Bürgermeisteramt

Sie hat künftig das Sagen in der City Hall: Patty Gregory wurde mit deutlicher Mehrheit zu Belleville’s Bürgermeisterin gewählt. Der Hut über dem „P“ ihres Vornamens zeigt ihre modische Vorliebe für extravagante Kopfbedeckungen. Foto: DAFK

Machtwechsel im Rathaus der Paderborner Partnerstadt Belleville: Bei den Kommunalwahlen am Dienstag, 6. April 2021, machte mit Patty Gregory (67) eine Einzelbewerberin um das Bürgermeisteramt das Rennen. Sie gewann nach dem vorläufigen Endergebnis mit 56 Prozent der Stimmen gegen Amtsinhaber Mark Eckert (65 Jahre, 42 Prozent Stimmenanteil) und ist die erste Frau, die in der 207-jährigen Geschichte der Kreisstadt im Süden des Staates Illinois das Spitzenamt in der City Hall übernimmt.

Im Wahlergebnis sind noch nicht alle Briefwahlstimmen berücksichtigt. Doch die Briefwähler werden Gregorys Vorsprung kaum noch gravierend verändern können. Auch die Hälfte der acht städtischen Wahlbezirke (Wards) standen diesmal zur Abstimmung. Einen Wechsel gibt es auch in der Finanzverwaltung der Partnerstadt. Sarah Biermann wird neue Chefin der Kämmerei (City Treasurer). Der bisherige Amtsinhaber Dean Hardt gehört wie der Bürgermeister zu den Wahlverlierern. Biermanns Kandidatur war von Mark Eckert unterstützt worden, Patty Gregory hatte dagegen den bisherigen Finanzchef Dean Hardt favorisiert. City Clerk Jenny Gain Meyer – ihre Funktion ist mit der eines I. Beigeordneten vergleichbar – wurde ohne Gegenkandidaten im Amt bestätigt. Damit sind nun drei Spitzenämter in der Belleviller City Hall mit Frauen besetzt.

Patty Gregory, Lehrerin im Ruhestand, war als unabhängige Kandidatin gegen Mark Eckert angetreten, der seit Ende 2004 amtierte. Nach vier Amtszeiten war er bei dieser Wahl – ebenfalls als unabhängiger Kandidat – für weitere vier Jahre angetreten. Eckert ist Mitglied und Ehrenvorsitzender der DAFK-Partnerorganisation Belleville Sister Cities (BSC). DAFK-Präsident Kurt-Heiner Sprenkamp bedauerte in einer ersten Reaktion die Abwahl eines „langjährigen Freundes“.

Der Traum von der fünften Amtszeit ist ausgeträumt: Mark Eckert. Foto: DAFK

Eckert hatte im Wahlkampf versucht, mit seinen Erfahrungen als Rathauschef in schwierigen Zeiten zu punkten und als Erfolgsbilanz unter anderem ein neues Feuerwehrhaus, die neue Polizeistation, die umfangreiche Sanierung und Renovierung des Rathauses und die Ansiedlung zweier neuer Einkaufszentren – bei gleichzeitigen Fortschritten in der weiteren Stärkung der Belleviller Innenstadt – herausgestellt.

Patty Gregory hat  mehr Sicherheit für die Bürger auf ihre Fahnen geschrieben. Sie will zwar die Zahl der Belleviller Polizisten nicht erhöhen, setzt aber darauf, dass die Polizei auf den Straßen der Stadt deutlich mehr Präsenz zeigt. Die neue Rathauschefin kreidete  während des Wahlkampfes ihrem Amtsvorgänger an, Eckert habe nicht die Abwanderung des St. Elizabeth Hospitals aus der Belleviller Innenstadt verhindert, das 2017 an einen neuen, besser erreichbaren Standort nahe am viel befahrenen Interstate 64 im Nachbarort O’Fallon umgezogen ist. Belleville, so Gregory’s  Vorwurf, habe damit mehr als 1200 gute bezahlte Jobs verloren. Auch das Absinken der Belleviller Einwohnerzahl von 44300 auf 41650 in den Jahren von 2010 bis 2017 lastete sie Eckert an. Dass die private Belleviller Lindenwood-Universität zu einem “Belleville Learning Center” geschrumpft ist und der Sitz der Hochschule (bisher St. Charles in Missouri und Belleville) an St. Charles verloren ging, führte die Gegenkandidatin  ebenfalls gegen Eckert ins Feld.

Eckert selbst sorgte im Dezember letzten Jahres für Negativ-Schlagzeilen in eigener Sache. Während im Staat Illinois, in dem Belleville liegt, wegen der Corona-Pandemie Bars und Restaurants die Bedienung von Kunden im Lokal untersagt war, hatten Eckert und seine Frau einen vorweihnachtlichen Ausflug über den Mississippi nach St. Louis im Nachbarstaat Missouri unternommen, hatten sich dort die weihnachtliche Beleuchtung angeschaut und waren zum Essen in ein italienisches Lokal eingekehrt, wo solcher Service (noch) nicht verboten war. Dort wurde der Belleviller Bürgermeister fotografiert. Das löste daheim einen ungeahnten „Shitstorm“ in Form mehrerer hundert Proteste und abfälliger Kommentare in sozialen Medien aus. Eckert entschuldigte sich öffentlich. Aber Wähler mögen so etwas offenbar nicht. . .

Die neue Bürgermeisterin ist manchen Paderbornern als langjährige bisherige Chefin des erfolgreichen Kunstfestivals „Art on the Square“ bekannt, das von ihr vor zwei Jahrzehnten gegründet wurde und Jahr für Jahr im Mai Tausende von Besuchern aus weitem Umkreis nach Belleville lockt. Unterstützt von 40 Komiteemitgliedern und einer großen Zahl von 600 Freiwilligen gelang es Gregory, sich für dieses dreitägige öffentliche Frühjahrsereignis in der jährlichen Rangliste eines nationalen Fachmagazins für Kunstmärkte kleinerer und mittlerer Städte stets Spitzenplatzierungen zu sichern. Mehrfach konnten auf Vermittlung des DAFK Paderborner Künstler an diesem Festival teilnehmen. Wegen Corona musste “Art on the Square” 2020 gestrichen werden. Für 2021 ist eine Verschiebung in den Oktober geplant. Dann soll auch das 20-jährige Bestehen von Art on the Square gefeiert werden.

Noch am Wahlabend gratulierte Mark Eckert seiner Nachfolgerin zum Wahlsieg und sicherte ihr Unterstützung bei der Vorbereitung des Amtswechsels vor. Nach einem Bericht der Zeitung Belleville News Democrat bedankte sich Eckert bei den Ratsmitgliedern und Verwaltungsmitarbeiten für die langjährige Zusammenarbeit. Patty Gregory wird in einer Ratssitzung am 1. Mai ihren Amtseid als neue Bürgermeisterin ablegen. Am 3. Mai wird sie ihre erste Ratssitzung leiten.

Zu den Gratulanten des Wahlabends zählte auch der 33-jährige Jeffrey „J.D.“ Dixon, der gern Belleville’s erster farbiger Bürgermeister geworden wäre. Weil er außerhalb der Stadtgrenze wohnt, hatte er jedoch nach den Bestimmungen des Wahlrechts keine Chance, auf den Stimmzettel zu gelangen. Belleviller Wähler konnten Unterstützung für ihn als sogenannten „Einschreibkandidaten“ (write-in-candidate) signalisieren, indem sie kein Kreuzchen hinter einem der beiden offiziellen Bürgermeisterkandidaten machten, sondern handschriftlich Dixon’s Namen auf den Stimmzettel schrieben. Die Zahl der Wähler, die so handelten, ist noch nicht bekannt. Dixon sagte, er werde weiter seine Stimme gegen Rassismus und für soziale und umweltpolitische Fortschritte erheben. Wolfgang Stüken