„Und die siebte Generation
ist schon unterwegs“
US-Generalkonsulin aus Düsseldorf zu Gast in der Heimat ihrer Vorfahren – mit einem großen Abstecher nach Paderborn
„Eine starke und tiefe Verbindung.“ Mit diesen Worten würdigte die Düsseldorfer US-Generalkonsulin Fiona Evans bei einem Besuch in Paderborn die Städtefreundschaft zwischen Paderborn und Belleville (Illinois). Bei einem Treffen mit Vertretern des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises bezeichnete sie vor allem den jährlichen Schüler- und Jugendaustausch zwischen beiden Städten als „sehr, sehr wichtig“. Dieser Austausch ermögliche es jungen Leuten, das Gastland jenseits der Schlagzeilen „mit anderen Augen“ kennen zu lernen. Verständigungsprobleme in der „Garage 33“ des Paderborner Technologieparks gab es nicht. Fiona Evans spricht und versteht sehr gut deutsch. Dazu haben sicher ihre Jahre als stellvertretende Kulturbeauftragte an der US-Botschaft in Berlin (2013-2016) beigetragen. „Meine Kinder sprechen aber ein viel besseres Deutsch als ich,“ meinte die 45-Jährige und fügte lachend hinzu: „Ich bin perfekt in Denglisch.“ Ihre drei Kinder haben die deutsche Sprache auf der deutschen Schule in Nairobi erlernt, wo ihre Mutter von 2016 bis 2018 als Presseattaché an der kenianischen US-Botschaft tätig war.
Evans trat im Jahr 2000 in den diplomatischen Dienst der Vereinigten Staaten von Amerika ein, nachdem sie zuvor Recht, Diplomatie und Kunst studiert hatte. Mit dem Wechsel in die NRW-Landeshauptstadt Düsseldorf kam sie im August letzten Jahres der Heimat ihrer Vorfahren ziemlich nahe: Ihr Ur-Urgroßvater stammte aus dem heutigen Bad Wünnenberger Ortsteil Bleiwäsche. Da durfte ein Besuch in der ans Sauerland grenzenden höchstgelegenen Ortschaft des Regierungsbezirks Detmold im Paderborn-Programm nicht fehlen. Nach der Dorf- und Kirchbesichtigung in Bleiwäsche und einem Besuch im Kindergarten, wo sie von den Mädchen und Jungen freudig mit einem englischen Lied willkommen geheißen wurde, schwärmte Viola Evans: ,,Es war wunderschön.“
Schon kurz nach ihrem Amtsantritt im Düsseldorfer Generalkonsulat hatte die Generalkonsulin eine erste kurze Stippvisite nach Bleiwäsche unternommen. Diesmal kam es für die Deutsch-Amerikanerin der fünften Generation zu einer Begegnung mit ihren deutschen Verwandten – Mitgliedern der Familie Scholand, entfernte Vettern und Cousinen. Evans: „Das war die sechste Generation.“ Und weil eine junge Frau aus dem Hause Scholand Mutterfreuden entgegensieht, fügte Fiona Evans freudig hinzu: ,,Und die siebte Generation ist schon unterwegs.“
An der Vorbereitung des Besuches im Kreis Paderborn waren die beiden heimischen CDU-Landtagsangeordneten Daniel Sieveke und Bernhard Hoppe-Biermeyer maßgeblich beteiligt. Die beiden Amerikafreunde hatten Fiona Evans im letzten Jahr beim Alumnitreffen eines Austauschprogrammes des Düsseldorfer Landesparlamentes kennengelernt. Für Daniel Sieveke gab es in Bleiwäsche auch ein Wiedersehen mit seiner ehemaligen Mathematiklehrerin vom Paderborner Theodorianum: Die in Büren lebende Marita Brune ist eine geborene Scholand aus Bleiwäsche. Sie hatte 1970, vor nunmehr 49 Jahren, Josef Evans, den Vater der Generalkonsulin, unterstützt, als dieser bei einem Deutschland-Besuch in Bleiwäsche nach den Vorjahren seiner Familie forschte. Mit Marita Brune wurde er unter anderem in alten Kirchenbüchern des Ortes fündig. Josef Evans reiste damals per Bahn an. Marita Brune: „Da hielten noch Züge in Brilon-Wald.“ 1974 folgte ein zweiter Besuch des amerikanischen Arztes. Über viele Jahre hatten Josef Evans und Marita Brune brieflich Kontakt. Den letzten Brief, den er ihr im November 2002, nur wenige Monate vor seinem Tod, schickte , hatte Marita Brune beim Treffen mit Fiona Evans dabei – einer von vielen bewegenden Momenten dieses besonderen Tages.
Josef Evans hinterließ seiner Familie einen akribisch erforschten Stammbaum, der bis ins 17. Jahrhundert zurück reicht. Der Bleiwäscher Amerikaauswanderer Johann Scholand taucht darin anno 1852 auf. Er wurde im US-Bundesstaat New York ansässig und gründete eine große Familie. Sie lebte dort viele Jahrzehnte. Der Großvater von Fiona Evans heiratete eine deutsche Emigrantin aus der Gegend von Fulda. Fiona Evans wurde im benachbarten Bundesstaat Connecticut geboren, wo sie auch aufwuchs. Ihre Großmutter habe mit dem Großvater noch ein wenig Deutsch gesprochen, erinnerte sich die Diplomatin. Die Deutsch-Amerikaner seien die größte ethnische Gruppe der Bevölkerung der USA, hob Evans hervor. Sie ist stolz, eine von ihnen zu sein.
Dass heute 1700 amerikanische Firmen in Nordrhein-Westfalen ihren Sitz haben und hier 200 000 Deutschen Jobs bieten, ist für Fiona Evans ein Ausweis starker Beziehungen zwischen Deutschland und den USA. Belleville, die Paderborner Partnerstadt, kennt die Generalkonsulin (noch) nicht. Die große Nachbar-Metropole St. Louis (Missouri) auf der anderen Seite des Mississippi ist ihr dagegen ein Begriff.
In Bleiwäsche hatte sich der prominente Gast aus Düsseldorf am Morgen bereits in „Goldene Buch“ der Stadt Wünnenberg eingetragen. Nach dem Treffen mit dem DAFK in der „Garage 33“, wo sie auch junge Paderborner Firmengründer kennenlernte, ging es zum Paderborner Rathaus. Einer kurzen Führung zu bedeutenden Sehenswürdigkeiten der Altstadt mit Altbürgermeister Heinz Paus folgte im Trauzimmer des Rathauses der Eintrag ins nächste „Goldene Buch“. Stellvertretender Bürgermeister Martin Pantke hieß die Generalkonsulin „mit besonderer Freude“ willkommen und stellte ihr „PB“ als alte und moderne Stadt mit vielen internationalen Kontakten vor. Fiona Evans zielte in ihren Dankesworten besonders auf die Pflege und Aufrechterhaltung der Städtepartnerschaft mit dem mehr als 45000 Einwohner zählenden Belleville ab.
Martin Pantke und Daniel Sieveke sprachen eine Einladung an den Düsseldorfer Gast zu einem Wiedersehen in der Libori-Festwoche aus. Ihre Reise von der Pader zurück an den Rhein trat die von mehreren Leibwächtern begleitete höchste Repräsentantion der USA in Nordrhein-Westfalen mit einer weiteren Einladung an: DAFK-Präsident Kurt-Heiner Sprenkamp hatte ihr erzählt, wie schön und beliebt das jährliche Thanksgiving des Deutsch-Amerikanischen Freundeskreises ist. Auch bei diesem Fest im November ist Fiona Evans, die nach dem Reglement des US-Außenministeriums voraussichtlich drei Jahre in Düsseldorf amtieren wird, ein hoch willkommener Gast. Wolfgang Stüken