Viele der schätzungsweise 300.000 Westfalen, die im 19. Jahrhundert in die USA auswanderten, waren Mitglieder der katholischen Kirche.
Für die mehrwöchige Schiffsreise konnten sie nur das dringend Notwendigste an Hab und Gut für den Neuanfang in der „Neuen Welt“ in wenigen Koffern und Kisten verstauen. Viele Auswanderer aus dem Bereich des Bistums Paderborn aber vergaßen eines nicht: Die Verehrung ihres vertrauten Patrons St. Liborius mitzunehmen in die ungewisse Zukunft – und auch die
mit Liborius verbundene Pfauen-Legende gelangte mit ihnen über den Atlantik. Wenige Jahre nach Ankunft dieser westfälischen Emigranten wurden in den USA mehrere neu gegründete Pfarreien nach dem Paderborner Bistums- und Stadtpatron benannt. Vier solcher Liborius-Gemeinden sind aus den US-Bundesstaaten Missouri, Illinois, Nebraska und South Dakota bekannt. Sogar zwei Ortschaften wurden nach St. Liborius benannt: St. Libory, Nebraska, und – ganz in der Nähe der Paderborner Partnerstadt
Belleville – St. Libory in Illinois.
Die größte der amerikanischen Liborius-Kirchen entstand in St. Louis, Missiouri, der unter dem Auswandererzustrom mächtig wachsenden Stadt am Mississippi. Der kleine Stadtbezirk im Norden, wo sie erbaut wurde, hieß im Volksmund bald „Klein-Paderborn“, und die Bewohner wurden, nachdem die Kirche erbaut war, bald auch „Liborianer“ und „Paderbörner“ genannt. Die erste, 1856 erbaute Liboriuskirche war schon nach wenigen Jahrzehnten viel zu klein. Sie wurde durch einen weitaus größeren Neubau ersetzt, der 1889 eingeweiht wurde, und in St. Louis den Beinamen „Kathedrale des Nordens“ erhielt. Aus dieser Kirche stammt der sogenannte „Pfauenstuhl“ oder „Peacock Chair“, ein wertvoller hölzerner Chorstuhl aus dem Jahre 1907, der zur Erinnerung an die vielen Auswanderer dieser Region – aus dem heutigen Kreis Paderborn dürften es 13.000 bis 15.000 gewesen sein – 1995 als Dauerleihgabe des Deutsch-merikanischen Freundeskreises Paderborn (DAFK) im Foyer des Paderborner Rathauses aufgestellt wurde.
Am Sonntag, 23. Juni2013, feiert der von Präsident Bernd Broer geleitete Freundeskreis, der in den 25 Jahren auf 460 Mitglieder angewachsen ist und die größte deutsch-ausländische Vereinigung Paderborns bildet, mit einem Empfang im Rathaus sein 25-jähriges Bestehen. Aus diesem Anlass hat der DAFK eine Broschüre zur Geschichte des Pfauenstuhls und der Liborius-Kirche von St. Louis herausgegeben.
des Pfauenstuhls und der Liborius-Kirche von St. Louis herausgegeben.
Titelseite der Pfauenstuhl-Broschüre: Für die gelungene Gestaltung sorgte die Paderborner Grafikerin Regina Padberg. |
Der Journalist Wolfgang Stüken, Vorstandsmitglied des Freundeskreises, hat das 48-seitige, reich bebilderte Heft geschrieben. Ergänzend dazu gibt es ein kostenloses Faltblatt, auf dem Besucher des Rathauses eine Kurzinformation über das weit gereiste Kirchenmöbel, auf dessen Mittellehne der Liboripfau thront, finden. Wer mehr erfahren möchte – zum Beispiel, dass der erste Pfarrer von Liborius, St. Louis, aus dem heutigen Delbrücker Stadtteil Westenholz stammte –, erhält die Broschüre „Zur Geschichte des Pfauenstuhls im Paderborner Rathaus’’ für eine Schutzgebühr von 3 Euro in der Tourist Information des Verkehrsvereins am Marienplatz und im Buchhandel (ISBN 978-3-00-041784-9).
Vorstellung der Broschüre im Vorfeld des DAFK-Jubiläums im Rathaus: Präsident Bernd Broer (links) und Geschäftsführer Dr. Otmar Allendorf haben auf dem Doppelsitzer Platz genommen. Rechts daneben steht der Autor der Broschüre, Wolfgang Stüken. Foto: Stadt Paderborn/Jens Reinhardt |